Sonntag, 6. November 2016

Im Gesundheitssystem knirscht es

Dr. Hontschiks Diagnose: In Deutschland gibt es viele Menschen, die nicht krankenversichert sind. In der „Praxis ohne Grenzen“ werden alle Patienten umsonst behandelt.

Alle Welt kennt Bad Segeberg. Das kleine Städtchen im Norden zwischen der Trave und dem Großen Segeberger See ist nicht wegen seiner Kurkliniken, nicht wegen seines prächtigen Kurhauses, nicht als Heimstatt der europäischen Fledermausnacht berühmt, sondern wegen der Karl-May-Festspiele. Zur Zeit gelangt Bad Segeberg aber wegen der Folgen einer der unzähligen Gesundheitsreformen zu neuer Bekanntheit.

Zu ihrem „Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung“ erklärte die damalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt im Februar 2007 vor dem Deutschen Bundestag: „Jede und jeder ist künftig gegen das Krankheitsrisiko versichert. Für Menschen ohne Schutz heißt es jetzt: Willkommen in der Solidarität!“ Begeistert rief sie aus, dass sich „die Krankenversicherung wie ein Band um die vielen Eventualitäten des Erwerbsleben herumlegen“ werde. Daraus ist leider nichts geworden. Im Gegenteil. Die neu eingeführte Versicherungspflicht führte nicht zum Schutz der bislang unversicherten Personen, sondern zu deren Insolvenz.

Jetzt waren zwar alle versichert, aber sie konnten es nicht bezahlen, und so verloren sie den Versicherungsschutz wieder. Es entstanden Beitragsrückstände von inzwischen fast drei Milliarden Euro. Statt in den Ruhestand zu gehen, hat Dr. Uwe Denker daher im Jahr 2010 in Bad Segeberg seine „Praxis ohne Grenzen“ eröffnet. Nach 30 Jahren als Hausarzt wusste er allein in seinem Einzugsbereich von 50 Familien, die nicht krankenversichert waren. In seiner „Praxis ohne Grenzen“ werden alle Patienten umsonst behandelt.

mehr:
- Armutszeugnis (Bernd Hontschik, Frankfurter Rundschau, 29.10.2016)
siehe auch:
- Kolumnen in der Frankfurter Rundschau (Homepage Bernd Hontschik)

siehe auch:
In seiner jüngsten Reportage schaut sich das RTL-Team Wallraff deutsche Krankenhäuser an. Die Undercover-Aufnahmen zeigen: Die Zustände sind erschreckend. Patienten bleiben unversorgt, Schwestern und Ärzte verzweifeln an der Arbeitsbelastung. Doch die Klinikbetreiber schreiben schwarze Zahlen.


14 Monate lang hat das Team Wallraff für RTL undercover in drei großen Krankenhäusern in drei großen deutschen Städten recherchiert und gedreht. Immer mehr Post hatten Günter Wallraff und seine Kollegen von Ärzten, Pflegern und Krankenschwestern bekommen, die unhaltbare Zustände an ihren Arbeitsplätzen beschrieben. Nun wollten die Reporter herausfinden, wie es wirklich ist. Als Pflegepraktikantin bewirbt sich Reporterin Pia Osterhaus bei mehreren Kliniken, um einen Einblick in den Alltag von Patienten und Personal zu bekommen.

Die Bilder, die sie zu sehen bekommt, sind erschütternd. Egal ob in München, Wiesbaden oder Berlin: Nirgends sind die Stationen personell ausreichend besetzt. In München erfährt ein schwer diabeteskranker Patient "im Vorbeihuschen" von zwei Ärzten, dass ihm nach dem bereits amputierten Unterschenkel zwei weitere "Zehen abgeschnitten werden" sollen. Ein anderer Patient möchte auf die Toilette gebracht werden, wird aber aufgefordert, sich in die Windel zu entleeren. Für einen Toilettengang hat das Pflegepersonal keine Zeit.

mehr:
- Personal und Patienten verzweifelt: "Team Wallraff" zeigt den Klinik-Horror (n-tv, 12.01.2016)

Profit statt Patientenwohl [44:37]

Veröffentlicht am 15.10.2013
Wie Rhön Kliniken, Helios Kliniken und co. Patienten nur als Mittel zum Zweck sehen. Die Profitgier der privaten Monopol-Krankenhäuser ist eine Schande für die Menschheit. Sie spielen mit der Gesundheit der Bevölkerung an den Börsen dieser Welt.

mein Kommentar:
Systemversagen! (kommt natürlich auf die Blickrichtung an, die Anleger machen Geld bzw. »lassen ihr Geld für sich arbeiten«)

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