Freitag, 22. Mai 2015

Demokratie in Gefahr

Elke Steven, Mitherausgeberin des Grundrechte-Reports 2015, über Migration, Massenüberwachung und die Erosion des Sozialen
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Massenüberwachung, elektronische Gesundheitskarte, Angriffe auf das Versammlungsrecht, Polizei-Provokateure auf Demonstrationen, sich verselbstständigende Geheimdienste und "Schiffe versenken" im Mittelmeer - von diesen und vielen weiteren Flanken her sind die Grundrechte im Lande aktuell bedroht, wie der soeben veröffentlichte Grundrechte-Report 2015 betont.

Elke Steven ist Soziologin und Journalistin, Referentin im Komitee für Grundrechte und Demokratie, Mitherausgeberin des Grundrechte-Reports seit dem Jahr 2000. Veröffentlichungen zu Demonstrationsrecht, Demonstrationsbeobachtungen, "Innerer Sicherheit", elektronischer Gesundheitskarte und Friedenspolitik. Der Grundrechte-Report wird von der Humanistischen Union, dem Komitee für Grundrechte, PRO ASYL und vielen anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen herausgegeben

mehr:
- Demokratie in Gefahr (Jens Wernicke, Interview mit Elke Steven, Telepolis, 22.05.2015)
»Seit neunzehn Jahren weisen wir Jahr für Jahr darauf hin, dass es immer schlechter um [die Grundrechte] bestellt ist.«

Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen;
ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen;
ich war ja kein Sozialdemokrat.
Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Gewerkschafter.
Als sie mich holten,
gab es keinen mehr, der protestieren konnte.
(Martin Niemöller, deutscher evangelischer Theologe, 1892-1984)
Wir befinden uns meiner Meinung nach in einer ähnlichen Situation wie viele europäische Staaten wenige Jahre vor Hitlers Machtantritt.
- Faschismus im Frankreich der Zwischenkriegszeit (11.05.2015)
Damals wurden viele Europäer zunehmend rechtsradikal, weil sie den demokratischen Parteien die Kraft nicht zutrauten, der Korruption Herr zu werden. Was eine verkehrte Logik war; aber in einer ähnlichen Situation – nämlich der, daß viele Menschen den demokratischen Staat – angesichts der Medien-, der Schulden-, der Abhör-, der Migranten- und der Wirtschaftskrise als reformunfähig ansehen, befinden wir uns heute auch, und die Zahl der Menschen nimmt zu
siehe dazu:
Der Rückzug der Mitte (Post, 27.04.2015)
- Um was geht es? – Die Systemfrage (Post, 05.11.2014)
- Ein kurzer Kommentar zu fast allem (Post, 09.10.2014)
- »Es gibt ein NATO-Netzwerk in den deutschen Medien« (Post, 13.09.2014)
Ukraine 16 – Eine Gefährdung unserer Europäischen Kultur (Post, 18.08.2014)
- Die westlichen Werte stehen auf dem Spiel (Post, 03.09.2014)
- Ukraine 13 – Unser westliches System und die MH 17-Berichterstattung (Post, 27.07.2014)
- Ukraine 11 – Unsere Medien: Nicht-Berichten und Sprachverdrehung und der Krieg »Reich gegen Arm« (Post, 16.05.2014)
Wozu überhaupt noch Demokratie? (Telepolis, 16.04.2014)
- Die Amygdala-Politik (Post, 03.10.2006)
- Volker Pispers: »Seit 29 Jahren mach’ ich Kabarett, immer die gleichen Themen.« (Post, 05.05.2013)
- Diese Bundesregierung pfeift aufs Parlament (Heike Hänsel, The European, 22.05.2015)
Gesetzliche Rechte des Bundestags werden zunehmend eingeschränkt. Das betrifft vor allem die Informationspflicht der Regierung über Angelegenheiten der EU.

Ich liste kurz auf: Die Wahl des US-Präsidenten ist alles andere als demokratisch, wenn ein Kandidat 2,5 Milliarden Dollar an Spendengeldern einnimmt: solch ein System ist gelähmt, wenn sich der Sieger so vielen Interessengruppen gegenüber verpflichtet fühlt. Und man braucht verdammt gute und viele Beziehungen zum Geldadel… In Rußland macht man sich über unsere Demokratie lustig mit den Worten: 
»Demokratie ist die Herrschaft des Geldes!«[Boris Beresowski, zitiert nach der taz]
Die fehlende wirtschaftliche Perspektive von immer mehr Menschen ist eine Gefahr für die Demokratie, siehe die immer weiter klaffende Einkokmmens- und Vermögens-Schere!
Zitat Gabriele Krone-Schmalz:
»Das macht mir insofern Sorge: Wenn Menschen nicht mehr glauben, was in den Medien informiert wird, wenn Menschen auch Politikern nicht mehr glauben, dann fliegt uns unser wunderschönes System Demokratie früher oder später um die Ohren.« (YouTube-Video: Gabriele Krone Schmalz über NATO in Zivil in der Ukraine, Russland und Medienpropaganda1 ab 8:00)
Ukraine 20 – ARD-Programmbeirat bestätigt Publikumskritik (18.09.2014, zuletzt aktualisiert am 04.10.2014)
- "Stoppt Putin jetzt!"-Cover war nur halbschlimm (Markus Kompa, Telepolis, 11.09.2014)
- Rüge wegen Pranger : "Bild" hetzt Leser auf Presserat (Christoph Twickel, SPIEGEL Online, 02.08.2011)
Zitat:
In riesigen Lettern hatte die "Bild" den angeblichen Presserat-Skandal thematisiert: "Diesen Kindes-Entführer soll 'Bild' nicht mehr zeigen dürfen" empörte sich die Zeitung und setzt daneben ein Foto eines 45-jährigen Mannes, der laut Bericht geständig ist, ein vierjähriges Kind seiner Mutter entrissen und es über 13 Stunden lang festgehalten zu haben, um 60.000 Euro Lösegeld zu erpressen. Das Blatt druckte Telefon- und Faxnummer sowie die E-Mailadresse des Presserates ab, dazu heißt es: "Ist der Schutz des Täters wichtiger als die Berichterstattung über eine schwere Straftat? Sagen Sie dem Presserat Ihre Meinung."
(mein Kommentar: Nicht nur Sex sells, sondern auch Täterbashing sells. Eine solche Vorgehensweise appelliert an die sogenannten niederen Instinkte!)
Einer der angesehensten Psychoanalytiker, Otto Kernberg (Professor Otto F. Kernberg eröffnet) ermuntert Therapeuten immer wieder, den Täter in sich zu suchen, diejenigen Persönlichkeitsanteile zu identifizieren (und auch hineinzuspüren), die dazu in der Lage wären, das Gleiche zu tun, wie die an den Pranger gestellten Verbrecher. Zitat:
… ist es umgekehrt – nach Kernberg – heilsam, wenn sich TherapeutInnen mit TäterInnen identifizieren: „Wir müssen uns also mit dem Kommandanten des Konzentrationslagers, mit dem Folterer in der Diktatur, mit dem inzestuösen Vater, mit der sadistischen Mutter identifizieren können. Wir müssen so auch die Lust verspüren am Zerstören, die Lust, eine Brandbombe zu werfen, die Lust sadistische Aggressionen zu verspüren, …“
Nur wenn wir auf diese Weise vorgehen – anstatt solche Anteile zu verleugnen, können wir solche Persönlichkeitsanteile wirksam unter Kontrolle bringen. (sieh dazu auch: Freiheit bedeutet Kontrolle, Post, 19.04.2015)
Jesus sagte übrigens: 
»Wer von Euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!« [Johannes 8:7, Bibeltext]
Aber das ist ja schon 2000 Jahre her, das zählt für die kommerziellen Interessen der BILD nicht mehr! Wir gehören ja mit solch absoluter Sicherheit zu den Guten, daß wir uns nicht hinterfragen brauchen. (Philip Zimbardo: The psychology of evil, Post, 11.05.2015) Zitat:


2004 sagte Zimbardo vor Gericht im Fall von „Chip“ Frederick, einer Wache im Abu-Ghraib-Gefängnis, aus. Er argumentierte, dass Fredericks Strafe gemindert werden sollte, da sein Experiment gezeigt habe, dass nur wenige der Atmosphäre in einem Gefängnis widerstehen können. Als Systemkritiker, der sich mit dem Einfluss „toxischer Situationen“ auf menschliches Verhalten beschäftigt, reagierte Zimbardo voller Zorn auf die Behauptung der Bush-Regierung, „ein paar faule Äpfel“ seien für den Skandal verantwortlich, mit der Äußerung: „Nicht die Äpfel sind faul, sondern das Feld.“ Der Richter schien anderer Meinung zu sein, er verurteilte Frederick zur Höchststrafe. Dies führte Zimbardo in einem Interview in der New York Times aus und wurde u. a. in der Welt und Der Tagesspiegel behandelt.[3][4] [Philip Zimbardo, Biografie, Wikipedia]
 Wenn wir diejenigen Werte, die wir propagieren, nicht auch tatsächlich leben, dann verlottert unsere Gesellschaft, und die BILD tritt nur scheinbar für diese Werte ein, in Wirklichkeit benutzt sie sie, um sich zu verkaufen!

Ein großes Kompliment an die ZEIT! Sie gab eine für die Leitmedien eher unangenehme Umfrage in Auftrag, deren Ergebnisse sie auch veröffentlichte:
- Deutsche glauben den Medien nicht (Post, 26.12.2014)
Die ZEIT veröffentlichte auch den Aufruf der 60:
"Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!", ZEIT, 05.12.2014)
Die Ernennung des Begriffs »Lügenmedien« zum Unwort des Jahres war ein Rohrkrepierer. Indem der Rat versuchte, rechtsradikalen Tendenzen entgegen zu wirken, machte er den Begriff »Putin-Versteher« hoffähig.
Dass Emporkommen von Pegida hat eindruksvoll gezeigt, daß sich viele Menschen in der Politik nicht wiederfinden, sich alleingelassen fühlen und ihr – und den Medien mißtrauen.
Die Eile, mit der versucht wurde, Pegida zu diskreditieren, halte ich für unglücklich. Hier ist eine breite Diskussion nötig, weil sich sonst zu viele Menschen im öffentlichen Diskurs nicht mehr wiederfinden.
Die Tatsache, daß unser politisches System den entfesselten Kapitalismus nur sehr schwer unter Kontrolle zu bringen in der Lage ist – wenn überhaupt, läßt viele Menschen das Vertrauen in diesen Staat verlieren.

Für mich ist das Jahr 2014 das Jahr des Vertrauensverlustes. Und wenn solche Leute wie EZB-Direktor Benoît Coeuré (Wenn die EZB Hedgefonds mit Insider-Wissen versorgt, Post, 22.05.2015) nicht zur Rechenschaft gezogen werden sondern ihr Verhalten als »Panne« oder »Lapsus« verniedlich wird, werden noch mehr Menschen ihr Vertrauen in dieses politische System verlieren.
Ein politisches System ist nicht überlebensfähig, wenn ein Unternehmen wie Dutchdelta  mit 3 Milliarden EUR Umsatz angeblich nur einen einzigen Angetellten hat (ist das der Hausmeister, oder wurde der schon outgesourced??) nur 1.600 EUR Körperschaftssteuer zu zahlen braucht. (Kapitalismus: Eine Firma mit null Angestellten vergibt Milliardenkredite, Post, 09.11.2014) Zitat Tagesschau (Luxemburg-Leaks": Deutsche Konzerne und die Steuer, Julia Stein, Benedikt Strunz, Tagesschau Online, 06.11.2014):
»Im Jahr 2012 zahlte DutchDelta bei Einnahmen von 130 Millionen Euro knapp 1600 Euro Körperschaftsteuer.«
Wenn solch kranke Verhältnisse auf Dauer bestehen, dann gehen die Menschen in die innere Emigration, und was dann passiert, läßt sich oben links bei Goethes Zahmen Xenien nachlesen…
Wir werden in den nächsten 10 bi 15 Jahren auf der ganzen Welt eine Zunahme nationalistischer Bewegungen sehen, weil, wie ich diesen Vorgang interpretiere, alle Menschen auf der ganzen Welt sich von dem Moloch kapitalistische Wirtschaft überfahren fühlen. Putin hat bei den Russen ein Stein im Brett, weil er die Wildwest-Atmosphäre nach dem Ausverkauf der russischen Wirtschaft unter Jelzin zu stoppen geschafft hat. Da sehen sie ihm undemokratische Vorgehensweisen nach. Lieber von Putin unterdrückt als vom Heuschreckenkapitalismus westlicher Prägung ausgesaugt! Wenn wir den Lobby-Filz von Wirtschaft und Politik nicht stoppen und die leistungtragende Mittelschicht nicht stabilisieren können, werden in wenigen Jahren - trotz unserer transatlantisch geimpften Leitmedien - die Leute nach starken Männern rufen – und Putin wird sich eine Erkältung holen, weil er von seinem Gaul gar nicht mehr runterkommt.
Die Gefahr besteht, daß wir als Kühe enden, an denen jeder noch eine Melkmaschine anzubringen sucht…
Das werden sich die Menschen nicht gefallen lassen. Man kann sie vielleicht eine Weile mit 12 oder 13 Schuljahren oder Bachelor- oder Master-Studiengängen oder mit Terror-Gefahr und Vorratsdatenspeicherung oder sonstigen medialen Aufgeregtheiten in Atem halten, aber irgendwann haben sie die Nase voll. Pegida und IS sind nur der Anfang!

Jazz for Cows [2:03]

Hochgeladen am 06.09.2011
http://www.newhot5.com. The New Hot 5, American-based jazz band plays for a herd of cows in Autrans, France. The unedited footage is now uploaded on our channel in two parts. If you want to hear more, check out our other videos of concerts for humans.

The two songs in this video are both in the public domain:
1. "When the Saints Go Marching In" is a traditional early American folk hymn of unknown origin.
2. "Bill Bailey, Won't You Please Come Home" composed by Hughie Cannon (1877--1912) was published in 1902.

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