Mittwoch, 10. Dezember 2014

Der Kaukasus-Krieg und seine Hintergründe

Längst ist der Kaukasus-Krieg aus den Schlagzeilen des bürgerlichen Blätterwaldes verschwunden. Die weltweit sich ausbreitende Krise löste ihn auf den Titelseiten ab. Die Erkenntnis, dass das eine mit dem anderen was zu tun hat, ist nicht Ziel bürgerlicher Aufklärung. Wo kämen sie da auch hin, die Apologeten der freien Marktwirtschaft, müssten sie nicht nur feststellen, dass die kapitalistische Ökonomie offensichtlich nicht vor tief gehenden Krisen schützt, sondern auch noch, dass diese aus den gleichen Gründen heraus immer wieder zum Krieg führt. Da schreibt man lieber der EU unter der Ratspräsidentschaft des französischen Präsidenten Sarkozy, selbstverständlich in engster Abstimmung mit Frau Merkel, die Lösung der Georgien-Krise auf die Fahnen, obwohl nichts gelöst ist.
Erinnern wir uns: Ein paar Tage lang im vergangenen August sah es so aus, als könnte aus dem latent schwelendem Konflikt zwischen Georgien und seinen abtrünnigen Provinzen bzw. der Russischen Föderation ganz schnell ein Krieg werden, der sich nicht mehr auf ein Gebiet weit weg hätte begrenzen lassen. Georgisches Militär griff Südossetien an, dessen Unabhängigkeitsbestrebungen seit der von so mächtigen Staaten wie der BRD und den USA anerkannten Unabhängigkeit des Kosovo neuen Aufschwung erfahren hat. Als russisches Militär den Vorstoß direkt an den Grenzen der Russischen Föderation zurückschlug und seinerseits in Georgien einfiel, schrie die georgische Regierung unter dem US-Zögling Saakaschwili nach Hilfe seiner Beschützer. Nach einem kurzen Moment der scheinbar einhelligen Verurteilung der "russischen Aggression" durch die Vertreter der imperialistischen Staaten auf dem NATO Krisentreffen am 19.8.2008, verflüchtigte sich dies beim genaueren Hinsehen schnell und zerfiel als in folgende Haltungen und Lager:
- die USA, unterstützt von Großbritannien, mit einer zumindest verbal sehr scharfen Haltung und Drohungen gegen die Russische Föderation, wie dem Hinauswurf aus dem G8 Bündnis, der Verweigerung der WTO-Mitgliedschaft und dem sofortigen Aussetzen des NATO-Russland-Rates etc.;
- Deutschland und Frankreich mit einer, trotz aller Verurteilung der russischen Besetzung von georgischem Territorium, Haltung der "Dialogbereitschaft" und der diplomatischen Offensiven bis hin zur Vermeidung jeglicher Sanktionen;
- die neuen EU- und NATO-Mitglieder, die sog. "New Friends of Georgia"(1), Polen, Tschechische Republik und die baltischen Republiken sowie die Ukraine, die ein fühlbares (militärisches!) Eingreifen zugunsten Georgiens forderten. Damit verbanden die Vertreter dieser Staaten außerdem die Forderung einer baldigen Aufnahme Georgiens und der Ukraine in die NATO, was der Position der USA in die Hände arbeitet bzw. der deutsch-französischen Achse in die Quere kommt.
Entsprechend wussten bürgerliche Medien hierzulande auch bald zu berichten, dass der Krieg zwischen Georgien und der Russischen Föderation letztendlich ein Krieg zwischen Russland und den USA sei. Von russischen und US-amerikanischen Einflusszonen war die Rede, vom Kampf um das Öl, ist doch Georgien einer der drei Staaten im Südkaukasus, durch die als einzige Möglichkeit Pipelines vom Kaspischen Meer nach Westen gehen, ohne russisches oder iranisches Territorium zu berühren. Deutsche Einflusszonen werden der bundesdeutschen Öffentlichkeit selbstverständlich nicht offen gelegt, sondern vernünftige deutsche Staatsvertreter präsentiert, die sich wie immer um Deeskalation und Vermittlung bemühen. Aus diesem Grunde darf auch eine ganz andere Haltung aus der übrigen, nicht imperialistischen Welt zu Wort kommen:
"Manchmal bringen kleine Ereignisse große Veränderungen mit sich. Das georgische Fiasko mag eines davon sein. Es kündigte das Ende der Ära nach dem Kalten Krieg an. Aber es markiert nicht die Rückkehr zu einem neuen Kalten Krieg. Es signalisiert eine viel wichtigere Rückkehr: die Rückkehr der Geschichte.
Die Post-Kalte Kriegsära begann mit westlichem Triumphalismus, symbolisiert mit Francis Fukuyamas Buch vom "Ende der Geschichte" [ein Begriff, der damals lauthals von Helmut Kohl adaptiert wurde - die AG]. Der Titel war kühn, spiegelte aber den westlichen Zeitgeist wider. Die Geschichte endete mit dem Triumph der westlichen Zivilisation. Der Rest der Welt hatte keine andere Wahl, als vor dem Vorrücken des Westens zu kapitulieren.
In Georgien hat Russland laut und deutlich klargestellt, dass es nicht länger gewillt ist, vor dem Westen zu kapitulieren. Nach zwei Jahrzehnten Demütigung hat sich Russland entschieden, zurückzubeißen. Bald werden andere Kräfte ähnliches machen. Als Resultat seiner überwältigenden Macht ist der Westen in geopolitische Räume anderer schlummernder Länder vorgedrungen. Sie schlafen nicht länger, vor allem in Asien."(2)
Was hatte es also auf sich mit diesem Krieg im Kaukasus, der für kurze Zeit die Welt in Atem hielt und was hat sich tatsächlich verändert?
mehr:
- Der Kaukasus-Krieg und seine Hintergründe (Arbeitsgruppe Zwischenimperialistische Widersprüche, Schattenblick, Februar 2009)


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen